Nach 24 Jahren vollkommener Schülerschaft, kam der Augenblick der Trennung. Sant Kirpal Singh kannte den Zeitpunkt von Hazurs physischem Weggang, genauso wie Seinen eigenen. Er beschreibt die letzten Tage Baba Sawan Singhs:

Trotz Seines Alters von 90 Jahren ließ Hazur alle körperliche Bequemlichkeit außer Acht und widmete ständig achtzehn von vierundzwanzig Stunden des Tages dem Dienst an der Menschheit. Als Ergebnis Seiner Achtlosigkeit – Er gönnte sich trotz ununterbrochener harter Arbeit keine Ruhe – konnte Sein physischer Körper die Last der Ermüdung nicht länger ertragen. Auf wiederholte Bitten von fast jedem fügte sich Hazur und war bereit, sich auszuruhen und medizinische Behandlung in Anspruch zu nehmen. So kam Er im September 1947 nach Amritsar, um sich behandeln zu lassen. Doch bevor Er die Dera verließ, setzte Er ein Komitee für die organisatorischen Angelegenheiten der Dera ein. Am Morgen des 12. Oktobers 1947 rief Er mich um sieben Uhr zu sich.

Als ich in Seiner erhabenen Gegenwart war, sagte Er: "Kirpal Singh Ji, alle meine Aufgaben habe ich verteilt, doch meine Aufgabe, Naam-Initiation zu geben und die spirituelle Arbeit auszuführen, habe ich noch niemandem übertragen. Das übergebe ich heute Dir, sodass diese erhabene, heilige Wissenschaft erblühen möge."

Als ich das hörte, füllten sich meine Augen mit Tränen, und niedergeschlagen wie ich war, flehte ich Hazur an: "Hazur, den Frieden und die Geborgenheit, die ich habe, wenn ich Dir zu Füßen sitze, kann man in den höheren Ebenen nicht erhalten…" Mein Herz füllte sich mit Angst, ich konnte nicht mehr sprechen und schaute vor mich hin, während Hazur mich die ganze Zeit ermunterte und mich tröstete.

Wann immer ich danach die Ehre hatte, mit Hazur allein zu sein, sprach Er mit mir über die internen Angelegenheiten der Dera und gab mir Anweisungen, was ich tun sollte, wenn Er für immer gehen würde. Während jener Tage Seiner Krankheit, als Er ans Bett gefesselt war, in den letzten Tagen des Februars 1948, fragte Hazur eines Tages: "Wie viele Seelen sind von mir initiiert worden?" Man schaute in den Unterlagen nach, und nachdem alles zusammengerechnet worden war, wurde Hazur mitgeteilt: "Bis jetzt wurden etwa hundertfünfzigtausend Seelen von Hazur erweckt." Hazur antwortete: "In Ordnung." Als ich am selben Tag abends bei Hazur war, sagte Er: "Kirpal Singh, ich habe die Hälfte deiner Arbeit getan und Naam an hundertfünfzigtausend Menschen gegeben, den Rest musst Du vollenden!" Mit gefalteten Händen sagte ich stammelnd die Worte: "Hazur…es wird so sein, wie Hazur es befiehlt… Ich möchte, dass auch die andere Hälfte der Arbeit von Hazur getan wird…Wir werden tun, was Hazur von uns wünscht… Ich wünsche mir, dass Hazur bei uns bleibt und nur dasitzt und zuschaut, und dass alle Anweisungen in Hazurs Gegenwart ausgeführt werden." Hazur lag still da und schaute mich an.

 

1 - 2. April 1948

Es war außerordentlich gütig von Hazur, als Er am Morgen des 1. April 1948, diesem bescheidenen Diener die Möglichkeit gab – natürlich durch die Hilfe einer Frau, die Hazur pflegte, – für ungefähr zehn oder fünfzehn Minuten ganz allein an der Seite des Meisters zu sein. Zu dieser Zeit saß ich mit schwerem Herzen neben Seinem Bett und betete zu Hazur: "Meister, Du stehst über dem Körper und bist nicht vom Körper beeinflusst, Du bist unbetroffen von Wohlergehen oder Leiden, doch wir armen und hilflosen Wesen können den Anblick nicht ertragen, wie sehr Hazur körperlich leidet. Du hast alle Macht. Wir wären äußerst dankbar, wenn Hazur in Seiner großen Güte diese Zeichen der Krankheit von Seinem Körper beseitigen würde." Es ist wahr, dass das Gebet Erfolg hat, wenn alle anderen menschlichen Anstrengungen versagen. Hazur, in Seiner Gnade, erhörte dieses Gebet. Als ich nach dem Gebet die Augen aufschlug, war Hazurs Körper in einem Zustand vollkommener Ruhe. Seine Stirn leuchtete strahlend. Er öffnete Seine Gnade verströmenden Augen, die voller Leben waren, berauscht von Gottes göttlicher Liebe, und warf einen Blick auf mein bescheidenes Selbst – beide Augen leuchtend von strahlendem Glanz, wie die Augen eines Löwen. Ich beugte mein Haupt in stiller Anbetung und sagte: "Es ist alles Hazurs Güte!"

Hazur schaute mir ohne Unterbrechung drei bis vier Minuten in die Augen, und meine Augen erfuhren in stiller Verwunderung eine solch unbeschreibliche Freude, die meinen ganzen Körper bis ins Innerste mit solcher Berauschung erfüllte, wie ich es mein ganzes Leben lang niemals zuvor erfahren hatte. Dann schlossen sich diese Gnade verströmenden Augen, um sich nie wieder zu öffnen.

So ging die strahlende Sonne der Spiritualität in ihrem 90. Jahr am Morgen des 2. April 1948 um 8.30 Uhr unter, nachdem sie ihr Licht in die Herzen von Millionen von Menschen verströmt hatte.

Sant Kirpal Singh

Ohne den Meister zu leben ist sehr schwer, es ist unerträglich. Wir wissen, wenn der Meister zurückgeht, lässt er den Initiierten dennoch nie allein, aber der Initiierte als Mensch leidet sehr. Selbst heute kommen mir die Tränen, wenn ich an meinen Meister denke. Aber Er hinterließ Seine Anweisungen. Warum? Es gibt kein Fragen nach dem Warum.

Sant Kirpal Singh

Hazur Baba Sawan Singh

Während Seiner Krankheit gab Hazur dem Sangat Seinen Darshan durch das Fenster Seines Hauses in der Dera Beas. Kirpal Singh stand dann unten in der Menge und Hazur gab Ihm immer ein besonderes Zeichen, manchmal eine Geste mit der Hand oder einen Wink mit den Augen, oder ein Zeichen mit dem Kopf, um Ihm zu sagen, dass alles in Ordnung ist.



Zum Weiterlesen:
Gedicht: "Twelve months of seperation"
Vortrag: "The king of our hearts"
(Nur in Englisch)
 
 
 
 

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